Universitäten für Europa

Studenten in Vorlesung

Mit dem Programm „Europäische Hochschulen“ fördert die  
EU-Kommission europaweit die Vernetzung von Universitäten. Der DAAD unterstützt es mit einer nationalen Initiative. 

Von Klaus Lüber

Eine europäische Universität! Professorin Dr. Eva-Maria Feichtner, Konrektorin für Internationalität und Diversität der Universität Bremen, war sofort elektrisiert, als sie 2017 von der Idee des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron erfuhr, grenzüberschreitende europäische Hochschulnetzwerke zu schaffen. „Nachdem die EU-Kommission das in Form der Initiative Europäische Hochschulen aufgriff, war uns klar:  Das ist die Vision einer Universitätsneugründung, die hier verfolgt wird. Und das hat uns unglaublich gereizt.“ 

Im Verbund können wir Austauschangebote sehr niederschwellig anbieten 

Zusammen mit sieben weiteren Hochschulen, darunter die Universitäten Essex, Maastricht, Ostfinnland, Antwerpen und Zypern, bewarb sich die Universität Bremen als YUFE Alliance (Young Universities for the Future of Europe) – und erhielt Mitte 2019 den Förderzuschlag. Insgesamt 17 Allianzen mit 114 Hochschulen werden bis 2021 im Rahmen des Erasmus+ Programms und einer ersten EU-Pilotausschreibung mit einem Gesamtbudget von 85 Millionen Euro bezuschusst. Eingegangen waren 54 Bewerbungen aus 31 Ländern. ­Neben Bremen sind noch 14 weitere deutsche Universitäten beteiligt. Für eine zweite Pilotausschreibung, deren Ausschreibungsfrist am 26. Februar 2020 endete, stehen die geförderten Projekte noch nicht fest. 

Neue Qualität der Mobilität 

Für Feichtner ist das Netzwerk vor allem eine Möglichkeit, der Mobilität von Studierenden und Universitätsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern in Europa eine gänzlich neue Qualität zu geben. „Im Verbund wird es möglich, Austauschangebote besonders niederschwellig anzubieten.“ Zwar konnte man über das Erasmus+ Programm und Dual-Degree-Studiengänge natürlich auch bislang schon für Anreize sorgen. „Aber jetzt haben wir die Option, sämtliche Abläufe wesentlich effizienter zu gestalten.“   

Wir wollen einen Glanz in den Augen der Studierenden hervorrufen  

So werde es in Zukunft immer einfacher, statt kompletter Studiengänge einzelne Veranstaltungen in Kooperation mit internationalen Partnern anzubieten – mit einer möglicherweise hohen digitalen Komponente, die dann aber wiederum zu echter physischer Mobilität motivieren kann. „Ich stelle mir Projektveranstaltungen vor, in denen Studierende zunächst von unterschiedlichen Standorten aus arbeiten, die Ergebnisse dann aber in einer Sommerschule an einer der acht Universitäten zusammenführen“, so Feichtner. „So generieren wir eine signifikante Zahl von Studierenden, denen die einzelnen Universitäten im Netzwerk so viel sagen, dass sie ein Nicken und einen Glanz in den Augen hervorrufen: eine echte Identifikation mit Europa.“

Nationale Unterstützung  

In Bremen ist man sich wohl über den Anschubcharakter der EU-Finanzierung bewusst. „Bei einer Projekt­laufzeit von drei Jahren ist es natürlich schwierig, schon substanzielle Veränderung zu generieren – geschweige denn, diese anhand einer ersten Kohorte Studierender zu zertifizieren“, erklärt Feichtner.  

Es geht um nichts Geringeres als die Etablierung einer europäischen Identität  

So sieht das auch Anke Stahl, Bereichsleiterin Grundsatzfragen Projekte, Forschung und Internationalisierung, Hochschulverbünde im DAAD. „So ambitioniert die EU-Initiative im Hinblick ihrer politischen Dimension ist, kann man davon ausgehen, dass drei Jahre gerade einmal ausreichen, um sich überhaupt in Startposition zu bringen. Schließlich geht es um nichts Geringeres als die Etablierung einer europäischen Identität – und das in Zeiten, in denen der europäische Gedanke stark unter Beschuss steht.“  

Für Deutschland und Frankreich, die zu den Haupt­akteuren der EU-Initiative zählen, war deshalb von Anfang an klar, die eigenen Hochschulen möglichst auch national zu unterstützen, um die EU-Mittel auch nachhaltig verankern zu können. Für Deutschland hat der DAAD diese Aufgabe übernommen und aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) das Programm „Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative“ ins Leben gerufen.

Erfolgreiche Netzwerkförderung  

Zum einen gehe es darum, so Stahl, den Netzwerk­gedanken weiter zu fördern, zum anderen die deutschen Hochschulen über eine effektive Öffentlichkeitsarbeit sichtbarer in der Gesellschaft zu machen. „Es muss klarer werden, welche wichtige Rolle die Universitäten in Europa inzwischen spielen: um einen freien und kritischen Geist zu verteidigen, um fundamentale europäische Werte zu verstetigen oder überhaupt erst auszubilden.“ Der DAAD unterstützt die insgesamt 15 deutschen Hochschulen in den Netzwerken seit Jahresanfang 2020 mit rund 28 Millionen Euro bis Ende 2023. Ebenfalls gefördert werden fünf weitere Projekte, deren Anträge auf EU-Ebene zwar zu den Bestplatzierten gehörten, aber aus budgetären Gründen nicht zum Zuge kamen. 

 Die Universitäten haben einen sehr guten Mix aus etablierten und neuen Partnern gefunden 

In der Flankierung von Hochschulnetzwerken hat der DAAD Erfahrung. Bereits 2012 wurde das Förderprogramm „Strategische Partnerschaften und Thematische Netzwerke“ ins Leben gerufen. „Es war eine interessante Situation damals, fast so eine Art Paradigmenwechsel an den Universitäten“, erinnert sich Stahl. „Die Universitäten hatten über die Jahre viele Kooperationsverträge abgeschlossen, von denen die meisten aber mehr oder wenig inaktiv waren.“ Es wurde klar: um wirklich weiterkommen zu wollen, muss man sich auf strategisch wichtige Partner konzentrieren. „Diesen Prozess unterstützen wir bis heute.“  

Für Anke Stahl ist das auch ein Grund, warum die deutschen Hochschulen in Rahmen der aktuellen Netzwerkförderung der EU so erfolgreich sind: „Die Universitäten haben einfach einen sehr guten Mix aus etablierten und neuen Partnern unter einer neuen Zielsetzung gefunden.“

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